Sensory Marketing - das Marketing mit Sinn(en)
Täglich werden wir mit einer gewaltigen Menge an unterschiedlichsten Informationen konfrontiert, darunter auch mit vielen Werbebotschaften. Gleichzeitig dazu sinkt die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen stetig – wir werden unempfänglicher für externe Reize. Ist es Unternehmen überhaupt noch möglich, mit klassischer Werbung auf sich aufmerksam zu machen?
MarketerInnen stehen deswegen vor der Herausforderungen, neue Wege zu finden, den heutigen Konsumenten effektiv zu erreichen und diesen zum Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung zu bewegen. Eine sehr populäre Methode ist dabei das sensorische Marketing (auch: Sensory Marketing). Dieser Blogbeitrag bringt Euch die Thematik des sensorischen Marketings näher, indem im Folgenden die einzelnen Sinne eines Menschen (Sehen, Hören, Fühlen, Riechen sowie Schmecken) betrachtet werden und wie diese durch Unternehmen erreicht werden können. Zudem wird thematisiert, welche Rolle diese Sinne im digitalen Kontext spielen.
Was ist Sensory Marketing?
Sensory Marketing zielt darauf ab möglichst alle der 5 Sinne einzubeziehen und somit die Wahrnehmung von Marken, Einstellungen zu Produkten und das Kaufverhalten der KonsumentInnen zu beeinflussen. Die zugrundeliegende Theorie ist die der “embodied cognition”. Diese postuliert, dass unser körperliches Empfinden einen signifikanten Einfluss darauf hat, welche Entscheidungen wir treffen. In dem man also das körperliche Empfinden beeinflusst, wenn auch unbewusst, ändert sich etwas am Verhalten der KonsumentInnen. Sie sind beispielsweise eher dazu verleitet ein Produkt zu kaufen, es wiederzuerkennen oder es in größeren Mengen zu konsumieren. Sensory Marketing ist vor allem dann im Einsatz, wenn sich der Konsument in den Räumlichkeiten eines Unternehmens befinden, etwa einem Geschäft oder Hotel.
Digitale Welt - Inwiefern ist Sensory Marketing hier möglich?
Wir bewegen uns zunehmend im digitalen Raum, das lässt sich vor allem am Online Shopping-Verhalten oder den zunehmenden Streaming-Angeboten beobachten. Unternehmen sollten also daran interessiert sein, die KonsumentInnen auch in der digitalen Welt zu erreichen. Hier existiert das Problem der Informationsflut jedoch ebenfalls und simple Werbeanzeigen am Rande einer Website führen häufig ins Leere. Ist es möglich, Sensory Marketing auch in einem digitalen Kontext einzusetzen? Immerhin sind hier die Sinne nur auf die visuelle und auditive Komponente, also das Sehen und Hören, limitiert – oder? Was bietet digitales Sensory Marketing? Im Folgenden wird auf die einzelnen Sinne eingegangen und nicht nur erklärt, welche Bedeutung sie allgemein im sensorischen Marketing haben, sondern auch welche Rolle sie bisher im digitalen Raum spielen.
Sehen
Die visuelle Komponente spielt eine sehr große Rolle in vielen Formen des Marketings und ist nicht nur das mächtigste Instrument, sondern auch der günstigste Weg, sich von der Konkurrenz abzuheben. Wir nutzen Farben und weitere Design-Aspekte häufig als Indikator der “Persönlichkeit” eines Produktes oder einer Brand. Dabei ist zu beachten, dass die visuelle Wahrnehmung immer von dem kulturellen Einfluss, biologischen Unterschieden und eigenen Präferenzen abhängig ist. So wird Violett in Japan, China und Südkorea eher mit teuren Produkten assoziiert, während es in den USA genau der gegenteilige Fall ist. Mit den biologischen Unterschieden sind nicht nur Farbsehschwächen (wie etwa die Rot-Grün Schwäche) gemeint, sondern auch Veränderungen im Sehen, welche jeden von uns im Alter betreffen: Ältere Menschen nehmen Farben eher stumpf war (Gelbstich) und präferieren deswegen hellere Farbtöne. Darüber hinaus, hat jeder von uns eigene Präferenzen bei jeglichen Design-Aspekten.
Schon heute nutzen viele Unternehmen Methoden, um dessen Zielgruppen digital ein neues visuelles Erlebnis zu bieten, das über eine einfache Werbeanzeige am Rande einer Webseite hinausgeht. Dabei kommen beispielsweise 3D-Objekte zum Einsatz, um das jeweilige Produkt interaktiver betrachten zu können, als es auf einer einfachen Abbildung möglich wäre. Darüber hinaus werden Virtual- und Augmented Reality genutzt, um den KundInnen eine besonders immersive Online-Shopping-Erfahrung zu ermöglichen. So ist es zum Beispiel durch Filter in verschiedenen Social-Media Apps oder auf Websites bestimmter Unternehmen möglich, Produkte wie Make-Up, Schmuck oder Brillen von zuhause aus anzuprobieren bzw. zu testen (Virtual Try-Ons).
Hören
Der Hörsinn hat einen großen Einfluss auf das Kaufverhalten und kann vor allem dabei helfen, den Wiedererkennungswert eines Unternehmens oder Produktes zu stärken. Das Sounddesign umfasst dabei nicht nur Werbe-Jingles und Umgebungsmusik, sondern auch den Sound des Produktes selbst. Das wohl beste Beispiel dafür sind bekannte Chips-Marken deren “Crunch” nicht einfach ein zufälliges Geräusch ist, sondern vorher mit einer ganz bewussten Intention entwickelt wird.
Wie auch beim Sehen ist die digitale Umsetzung dieses Sinnes einleuchtend: Nicht nur in einem Werbevideo sondern auch auf der eigenen Webseite kann Musik oder Hintergrundgeräusche zum Einsatz kommen. Eine Urlaubsbuchung könnte dabei beispielsweise von einem leisen Wellenrauschen oder Vogelzwitschern begleitet werden. Den KonsumentInnen kann darüber hinaus die Möglichkeit geboten werden, sich ein Produkt schon vor der Nutzung anzuhören (der Klang eines Automotors oder eines Windspiels).
Fühlen
Viele KonsumentInnen haben das Bedürfnis ein Produkt zu berühren, bevor sie es kaufen. Denn über den Tastsinn werden unglaublich viele Informationen an das Gehirn übermittelt, vor allem darüber, welche Qualität das Produkt hat.
Den Sinn des Fühlens digital anzusprechen scheint zunächst unmöglich, weswegen das Fühlen im digitalen Kontext oft vernachlässigt wird. Doch das ist nicht der Fall: Viele KonsumentInnen stellen sich auch beim Online-Shopping vor, wie es wäre, dieses Produkt wortwörtlich “in der Hand zu halten”. Wie fühlt sich dieses T-Shirt oder Kissen an? Wie ist das Gefühl, auf dieser Tastatur zu schreiben oder mit dieser Maus zu klicken? Um den KonsumentInnen diese Vorstellung zu erleichtern, gibt es verschiedene Vorgehensweisen: Zunächst können konkrete Beschreibungen der Haptik eines Produktes angeboten werden sowie Nahaufnahmen, die auf das Material schließen lassen. Präferiert der Konsument oder die Konsumentin beispielsweise bei einem Beistelltisch eine eher raue Textur oder eine glatte? Ergänzend dazu bieten sich, wie auch bei dem Sehsinn, 3D-Modelle von geeigneten Produkten an, welche visuelles und auditives Feedback auf Berührungen mit dem Finger oder dem Mauszeiger geben.
Riechen und Schmecken
Düfte können besonders effektiv starke Emotionen auslösen und Erinnerungen wachrufen. Das liegt daran, dass sich die Wahrnehmung von Gerüchen signifikant von den anderen Sinnen unterscheidet. So erfolgt die Verarbeitung von olfaktorischen Signalen im limbischen System, dem Teil des Gehirns, in dem auch Emotionen verarbeitet werden. Ein Duft-Reiz kann zusätzlich unterbewusst beeinflussen, also ohne, dass wir und dem Signal bewusst sind.
Schon lange wird dieser Sinn bewusst von Bäckereien genutzt, welche das Ofenrohr so verlegen, dass es schon weit vor dem Laden nach frisch gebackenen Brötchen riecht. Doch um zu wirken, muss ein Geruch nicht immer bewusst wahrgenommen werden: Es ist bekannt, dass einige Unternehmen einen “corporate smell” besitzen, welcher ihnen einen zusätzlichen Wiedererkennungswert verleiht. Das nutzen zum Beispiel einige Airlines und Hotelketten, um ihre Marke unterbewusst mit einem Geruch zu verbinden. Neben dem Umgebungsduft, werden auch parfümierte Produkte oder Werbematerialien eingesetzt; damit ist es den KonsumentInnen möglich, ein Produkt zu erleben noch bevor man es selber in den Händen hält.
So ähnlich zeichnet sich dies beim Geschmackssinn ab, welcher am häufigsten Einsatz in der Lebensmittelindustrie findet. Meistens wird der Geschmackssinn jedoch erst NACH dem Kauf eines Produktes bedient und ermutigt zum WIEDERkauf eben dieses Produktes. Selten finden sich auch Probieraktionen in Verkaufsräumen. Geschmäcker sind bekanntlich nicht gleich und sowohl von eigenen als auch kulturellen Präferenzen abhängig: ein bekanntes Beispiel dafür ist Haribo, dessen Produkte im amerikanischen Raum süßer schmecken als in Deutschland.
Der Geruchs- sowie der Geschmackssinn werden kaum bis garnicht im digitalen Raum genutzt. Zwar existieren einige interessante Möglichkeiten beide Sinne auch digital einzubeziehen, jedoch sind diese noch weit von einem kommerziellen Einsatz entfernt.
Fazit
Durch den Überfluss an verschiedensten Informationen, mit denen jeder tagtäglich konfrontiert wird, wird es immer schwieriger die Aufmerksamkeit auf einzelne Werbebotschaften zu lenken. KonsumentInnen mit einer Werbetafel am Straßenrand oder einer einfachen Anzeige zwischen tausenden Social-Media-Posts zu konfrontieren, reicht deswegen häufig nicht mehr aus, um etwas zu bewirken. Eine Möglichkeit, um dennoch nicht nur die Aufmerksamkeit einer bestimmten Zielgruppe zu erlangen, sondern diese auch nachhaltig zu beeinflussen, ist das Sensory Marketing. Das Sensory Marketing wird jedoch meistens mit dem “da sein” in firmeneigenen Räumlichkeiten assoziiert und in der digitalen Welt eher vernachlässigt. Dabei existieren schon heute viele Möglichkeiten, um auch online möglichst viele Sinne der KonsumentInnen zu erreichen. Und auch Ihr könnt diese Möglichkeiten nutzen.
Euer Digi Summit Team